Die Freiluftausstellung der westpommerschen Kleinbahnen ist ein Bestandteil einer Abteilung des Nationalmuseums in Stettin. Die Sektion beschäftigt fünf Mitarbeiter, die bei der Erhaltung historischer Exponate sowie bei der Gewährleistung von Besucherinfrastruktur mitwirken. Unter der Obhut der Abteilung befinden sich antike Dampflokomotiven, Wagen und andere eisenbahntechnische Einrichtungen.   

Kulturerbe

Die Ausstellung präsentiert die im Netz der westpommerschen Kleinbahnen betriebenen Eisenbahnen. Die innerhalb der polnischen Nachkriegsgrenzen befindlichen Kleinbahnen (innerhalb der deutschen Grenzen wurden die Bahnen durch die Rote Armee abgebaut und bis auf eine kleine Strecke auf der Insel Usedom nie wieder aufgebaut) waren in Bezug auf die Länge und Dichte der Strecken ein europaweites Phänomen. Es handelt sich um ein Kleinbahnnetz, dessen Reichweite das Gebiet von Kolberg im Norden bis Stargard im Süden, vom Hafen in Stepnica im Westen bis nach Bobolice im Osten umfasst. Im Kleinbahnnetz waren ungefähr 1000 Eisenbahnbedienstete eingesetzt. Das vom polnischen Staat übernommene Netz beförderte jährlich bis zu einer Million Reisende und rund 0,5 Millionen Güter pro Jahr. Zu Beginn des letzten Jahrhunderts war das Kleinbahnnetz die Lebensader der junkerlichen Gutswirtschaft, das zu einem Bindeglied zwischen den Großgrundbesitzen, Stärkefabriken, Branntweinbrennereien, Molkereien, Sägemühlen und dem Normalspur-Netz wurde. Die junkerliche Bewirtschaftungsstruktur wurde Teil der polnischen Nachkriegsökonomie, wo die Funktion der Gutshöfe von den landwirtschaftlichen Produktgenossenschaften übernommen wurde. Entstehung, Entwicklung und Niedergang von Kleinbahnen ist das Paradebeispiel für das Funktionieren eines bestimmten Wirtschaftszweigs, zunächst in einem Kontext des Industriekapitalismus, und dann der etatistischen Volkswirtschaft der VRP (in der PRL-Zeit). Nach einem Jahrhundert der Exploitation wurde das Kleinbahnnetz infolge des „Balcerowicz-Plans“ von heute auf morgen seinem eigenen Schicksal überlassen. 

Freiluftausstellung 

Anfang der siebziger Jahre kam es spontan zur Gründung des Greifenberger Freilichtmuseums. Die Dampflokomotiven wurden damals auf einem parallel zum ehemaligen Lokschuppen verlaufenden Gleis untergebracht.  Auf diese Weise wurde die Dauerausstellung der pommerschen Schmalspurbahnen in Gryfice eingerichtet. Ihr Initiator war Herr Mag. Zdzisław Kopera. Der Autor der einzigen Studie zu der Geschichte der Greifenberger Ausstellung, Herr Andrzej Kozłowski, erwähnt: „Herr Kopera war viele Jahre bei einer der größten Bahnverkehrszentralen in Polen tätig - er war der Leiter eines der größten Rangierbahnhöfe im Stettiner Hafen. Am Ende seiner beruflichen Laufbahn hat man ihm zwecks Arbeitsentlastung die Leitung eines kleineren Bahnhofs anvertraut. Was man nicht vorhergesehen hat, ist, dass er sich in diese altmodische Kleinbahn verliebt und beschließt, zumindest einen Teil als Erinnerung an Kleinbahnen für künftige Generationen zu retten“. 

Es gelang Zdzisław Kopera, die Entscheidungsträger im Verkehrsministerium davon zu überzeugen, ein Freilichtmuseum in Gryfice zu errichten. Im Jahre 1978 wurde die Dauerausstellung in unmittelbarer Nähe des Lokomotivschuppens (heute die Werkstatt der Greifenberger Kleinbahn) offiziell eröffnet. Die Ausstellung funktionierte derart über nahezu ein Jahrzehnt. Der rechtliche Status war undefiniert - theoretisch befand sich die Ausstellung im Besitz von Polnischen Staatsbahnen (PKP) und praktisch war sie Eigentum des Eisenbahnmuseums, über das wiederum die staatliche Bahngesellschaft PKP verfügte – ein Teufelskreis. 

1987 wurde ein Grundstück von ca. 6000 m2 neben dem Schmalspurbahnhof erworben, auf dem später das Freilichtmuseum untergebracht wurde. Die letzten Jahre der PRL-Zeit war eine Zeit großer Defizite an Waren, Dienstleistungen, erschlossenen Gebieten und Menschen. Zu diesem Zeitpunkt war es zweifellos sehr schwierig, ein Grundstück für die neue Filiale des Eisenbahnmuseums in Warschau zu erhalten (angesichts der Entwicklungspläne für die Kleinbahnen). Das erworbene Grundstück in der Form eines Dreiecks befand sich innerhalb eines Feuchtgebietes, eingepfercht zwischen Wohngebäuden und Bahnbereichen, praktisch ohne die Möglichkeit der Anschaffung von weiteren Grundstücken, auf den man alle Museumsfunktionen (Ausstellung im Freigelände und in den Museumshallen, Einrichtungen für Besucher und Mitarbeiter, Museumswerkstätten) unterbringen könnte.

 Dies waren noch die Zeiten der sogenannten Dienste an der Allgemeinheit. In diesem zeitlichen Kontext wurden Arbeiten durchgeführt, die größtenteils Bodenmelioration sowie Stromversorgung umfassten. Die Mitarbeiter des Büros für Eisenbahnprojekte haben den Entwurf erstellt.  

1987 wurde mit den Arbeiten begonnen. Auf dem Gelände wurden Gleise verlegt, Bahnsteige errichtet und ein temporäres Dauerausstellungsgebäude gebaut. Inzwischen ist es 30 Jahre her, seitdem die Dauerausstellung in diesen Blechbaracken besteht.  

Aus heutiger Sicht ist das Funktionieren eines Freilichtmuseums unter solchen Bedingungen schwer zu verstehen. Im Hinblick auf den Abbau des gesamten Kleinbahnnetzes sollte zumindest ein der verfallenden historischen Bahnhöfe mit Werkstätten und Elementen der Eisenbahninfrastruktur aktiv geschützt werden

Mission

Das Netz der westpommerschen Kleinbahnen war eines der dichtesten in Europa. Ein weiteres Phänomen ist die seltene Spurweite von 1000 mm. Wir können sagen, dass die Mission der Greifenberger Institution darin besteht, das einzigartige, auf hiesigen Strecken eingesetzte Rollmaterial zu schützen, denn der Bestand ist dezimiert und sehr knapp. Einige Denkmäler und kleine Sammlungen befinden sich immer noch in den Händen der Regenwalder Bahn, Kösliner Gesellschaft und des ehemaligen Eisenbahnmuseums in Warschau – Stacja Muzeum. 

Praktisch wird die Mission durch die Gewährung des musealen Schutzes all dessen erfüllt, was an rollendem Material der Kleinbahnen erhalten blieb. Die auf dem Gelände des Freilichtmuseums befindlichen Denkmäler werden in einer separaten Registerkarte präsentiert.  

Ein weiteres Thema ist der Schutz unbeweglicher Denkmäler; von Bahnhofsgebäuden, Brücken und Viadukten, von Werkstätten und Lokomotivschuppen sowie Teilen der Eisenbahninfrastruktur. Ihrem eigenen Schicksal überlassen verkommen die meisten dieser Objekte. Eine erwähnenswerte Ausnahme bilden die Nadmorska-Schmalspurbahn in der Gemeinde Rewal und die Kösliner Gesellschaft für Eisenbahnfreunde, die erfolgreich touristische Transporte durchführt. Eine interessante Idee ist auch das mit EU-Unterstützung gebaute Radwegenetz der Gemeinden Karlino, Gościno, Rymań und Kołobrzeg – "Wanderroute entlang des Schmalspur-Bahndamms" – mit insgesamt über 80 km Wegen.

Im Jahre 1995 übernahm das Verkehrsministerium von der polnischen Bahngesellschaft PKP die Geschäftsführung des Eisenbahnmuseums in Warschau, das wiederum 1999 der Selbstverwaltung der Woiwodschaft Masowien übertragen wurde. Nach Ablauf von weiteren zehn Jahren, im April 2010, wurde das Greifenberger Freilichtmuseum in die Struktur der Maritimen Abteilung des Nationalmuseums in Stettin aufgenommen – als Umsetzung des am 31. Mai 2010 geschlossenen Vertrages zwischen den Vertretern der Marschallämter der Woiwodschaft Masowien und Westpommern.  

Die erworbene Sammlung wurde Eigentum der Selbstverwaltung der Woiwodschaft Westpommern.  Das Nationalmuseum in Stettin übernahm die meisten Sammlungen des Eisenbahnmuseums in Warschau, Infrastruktureinrichtungen und das im Dienst des Freilichtmuseums stehende Personal. Die Übereignung selbst verlief reibungslos, wozu einen enormen Beitrag Frau Bogumiła Szeląg, die damalige Direktorin des Freilichtmuseums und seine jahrelange Mitarbeiterin leistete. 

Bedauerlicherweise wurden die wertvollsten Objekte (darunter drei Dampfloks) und eine Dauerausstellung der Eisenbahnmodelle vom Übergabevertrag ausgeschlossen. Es handelte sich hierbei um rein buchhalterische Vorgänge. Die nun in Gryfice befindlichen Exponate waren eng mit der Westpommerschen Kleinbahnen verbunden – hier schieden sie aus dem Dienst aus und hier bleiben sie für künftige Generationen erhalten. Die Gründer des Freilichtmuseums hatten keine Absicht, die Sammlung auf ganz Polen zu verteilen. Der Schutz der Gesamtheit der Exponate ist daher eine so wichtige Aufgabe wie der tägliche Kampf gegen Rost. 

Gryfice kolejki lot 008

Gryfice 2016, fot Marek Czasnojć, Muzeum Narodowe w Szczecinie